„Der Bockerer“ auf der Bühne
Das Publikum darf gespannt sein. „Der Bockerer“ heißt das neue Stück der Laienspielschar Windischeschenbach. Premiere ist am 17. November.
In den Hauptrollen spielen Hannes Ruprecht, Renate Schönberger, Peter Budnik und Moritz Müller (von rechts).
Bild: exb
von Michaela Lowak
Bei der Laienspielschar laufen die Proben auf Hochtouren. Für November steht ein neues Stück auf dem Spielplan. „Der Bockerer oder D’Schellnsau sticht“ entführt die Zuschauer in die Nazizeit, die durch Witz und Komik bloßgestellt wird.
Karl Bockerer, der mit Hitler das Geburtsdatum und sonst nichts gemeinsam hat, ist ein Metzger aus Kirchberg. In seiner Naivität ähnelt er dem braven Soldaten Schwejk, wirkt anfangs ein bisschen lächerlich und dumm. Doch es stellt sich heraus, dass er einer der wenigen ist, die vom Nationalsozialismus nicht angesteckt werden. Unangepasst, bodenständig und störrisch bleibt er treu: sich selber und seinen Freunden, den Juden und den Roten.
Die tragische Posse von Ulrich Becher und Peter Preses ist ursprünglich in Wien angesiedelte. Doch Hannes Rupprecht hat wie bereits beim „Biberpelz“ die Geschichte in eine Kleinstadt der Oberpfalz verlegt. „Solche Charaktere waren und sind auch bei uns möglich“, ist er überzeugt. „Der Bockerer“ ist Lehrstück und Volkstheater zugleich, eine Geschichtslektion unter Weglassung des Zeigefingers, unterhaltsam und humorvoll. Ein Theaterabend zum Lachen und Weinen, zum Unterhalten und Nachdenken. Regie führen Christian Mayerhöfer und Rupprecht gemeinsam. Auf der Bühne stehen unter anderem Renate Schönberger, Peter Budnik und Moritz Müller. Premiere ist am Samstag, 17. November, um 19.30 Uhr im Pfarrheim. Weitere Aufführungen folgen am 18., 24. und 25. November. Karten gibt es ab Montag, 24. September, im Vorverkauf bei NT-Ticket.
Regie im Doppelpack
Die Laienspielschar geht neue Wege. Der erfahrene Regisseur Hannes Rupprecht bekommt Unterstützung von Theaterneuling Christian Mayerhöfer. Das Ergebnis ist am 17. November im Pfarrheim zu sehen.
Hannes Rupprecht und Christian Mayerhöfer führen Regie.
Bild: Lowak
von Michaela Lowak
Die Truppe bringt das Stück „Der Bockerer oder D’Schellensau sticht“ auf die Bühne. Die Handlung versetzt die Zuschauer in die Nazizeit und erzählt wie Metzgermeister Karl Bockerer, ein eher unpolitischer Mensch, unangepasst, bodenständig und störrisch sich selbst und seinen Freunden treu bleibt.
In die Rolle des Bockeres schlüpft Hanns Rupprecht (66). „Schon allein deshalb bin ich froh darüber, dass ich Hilfe bekommen habe“, erzählt der langjährige Theatermann. Ihm zur Seite steht der 37-jährige Christian Mayerhöfer, der sich bis jetzt bei der Laienspielschar vor allem ums Filmen gekümmert hat. Seine Kurztrailer, die er während der Proben dreht, sind auf Facebook zu sehen und sollen das Publikum animieren, die Aufführung anzuschauen. Zum Verein kam er vor einigen Jahren. „Theater hat mich schon immer interessiert“, erzählt er.
Mayerhöfer kümmert sich nicht nur um die Regie, sondern auch ums Bühnenbild. „Das wird fabelhaft“, lobt Rupprecht. Das Publikum darf sich auf sieben Bilder freuen. Zwischen den Szenen unterhalten Sängerin Monika Burkhard und German Beer am Klavier die Zuschauer mit alten Liedern wie Marlene Dietrichs „Unter der Laterne“. Außerdem werden Originalfilme aus der Wochenschau gezeigt.
Immer wieder widmen sich die Laienspieler kritischen Themen. Deshalb ist es auch kein Zufall, dass diesmal die Nazizeit im Fokus steht. „Wir haben es als passend empfunden. Vor allem jetzt, in einer Zeit, in der rechtes Gedankengut wieder aufkommt“, sagt Rupprecht. „Außerdem wollten wir etwas moderneres spielen“, fügt Mayerhöfer hinzu. Bevor die Entscheidung zugunsten des „Bockerers“ fiel, sei im Verein natürlich diskutiert worden. Fragen wie „Können wir eine Hakenkreuzfahne aufhängen?“ oder „Dürfen wir in SS-Uniformen auf der Bühne stehen?“ seien aufgetaucht. „Ich haben mich jedoch bei einem Juristen erkundigt. Das ist kein Problem. Schließlich spielen wir ein Anti-Nazistück.“
Schon wie beim „Biberpelz“ vor zwei Jahren werden die Darsteller Oberpfälzer Dialekt sprechen. Die Regisseure haben die Handlung kurzerhand von Österreich in eine Kleinstadt in der Oberpfalz versetzt. „Ich kann mir gut vorstellen, dass es auch bei uns damals solche Charaktere wie den Bockerer gegeben hat“, ist sich Rupprecht sicher.
Dass Christian Mayerhöfer im wahren Leben ebenfalls als Metzger arbeitet, ist Zufall. „Nein, eher Fügung“, schmunzelt der Theaterneuling. „Aber viel von der Materie findet sich eh nicht im Stück.“ Rupprecht widerspricht: „Doch, bei kleinen Feinheiten hat mir Christians Wissen schon geholfen, zum Beispiel wie man die Schürze richtig anzieht.“
Der Schweinskopf, den Rupprecht auf dem Werbeplakat auf dem Schoß hat und der auch im Stück vorkommt, ist echt. Dafür muss aber nicht jedes Mal ein Schwein geschlachtet werden. „Gut präpariert hält sich der Kopf durchaus einige Wochen“, verrät der Fachmann.
In den Hauptrollen spielen neben Rupprecht als Bockerer Renate Schönberger (Ehefrau), Simon Mauerer (Sohn Hansi), Peter Budnik als Freund Harzinger und Moritz Müller (Dr. Rosenblatt). Außderdem sind dabei: Markus Hampl, Wolfgang Lange, Lena Schulze, Andrea Kunz, Karlheinz Budnik, Ludwig Müller und Matthias Schönberger.
Premiere feiert das Stück am Samstag, 17. November, um 19.30 Uhr im Pfarrheim. Weitere Termine sind der 18. (18 Uhr), 24. (19.30 Uhr) und der 25. November (19.30 Uhr). Karten im Vorverkauf gibt es bei Elektro Hecht und bei NT-Ticket.(Michaela Lowak, Der Neue Tag)
„Der Bockerer“ feiert gelungene Premiere
Das neue Stück, das am Samstag auf der Bühne des Pfarrheims gezeigt wurde, bot für die Akteure der Laienspielschar die Möglichkeit, alle Register ihres Könnens zu ziehen. Das inhaltlich ernste Bühnenstück, das die dunklen Seiten der Nazi-Zeit zeigt, enthielt zugleich humorvolle Passagen; die speziellen Charaktere sorgten dafür, dass auch die Unterhaltung nicht zu kurz kam und gelacht werden durfte. Die ursprünglich in Wien spielende Handlung wurde von Hannes Rupprecht bearbeitet, in die Oberpfalz verlegt und im heimischen Dialekt gespielt, wodurch das Publikum noch einen besonderen Bezug zu den Geschehnissen bekam.
Rund 30 Mitglieder der Laienspielschar sind an den jeweiligen Aufführungen beteiligt, als Schauspieler, Bühnenpersonal oder bei der Bewirtung. Eine besondere Herausforderung hatte Kerstin Schandri zu bewältigen: nachdem die ursprüngliche Besetzung der Rolle der Frau Galleitner aus schwerwiegenden privaten Gründen ausfiel, musste sie kurzfristig zwei Tage vor der Premiere den Part übernehmen und bekam nach der Aufführung von Renate Schönberger den „Goldenen Notnagel“ überreicht.
Wie ein heile Welt Risse bekommt
Angekündigt hat Vorsitzender Bertwin Fleck die Aufführung „Der Bockerer oder – D’Schellnsau sticht“ als Lehrstück und Volkstheater, unterhaltsam und nachdenklich, zum Lachen und Weinen; und von all dem ist am Samstag bei der Premiere der Laienspielschar etwas dabei auf der Bühne des Pfarrheims. Regisseur Hannes Rupprecht – in Zusammenarebit mit Christian Mayerhöfer – verlegt das Bühnenstück, das eigentlich in Österreich während der Nazi-Zeit spielt, kurzerhand in die Oberpfalz; der heimische Dialekt bringt das Geschehen noch näher und unmittelbarer an die Zuschauer heran.
Metzger Bockerer (Hannes Rupprecht) hat mit Politik zuerst nichts am Hut und ist zufrieden, wenn er donnerstags mit Hatzinger (Peter Budnik) und Dr. Rosenblatt (Moritz Müller), einem jüdischen Rechtsanwalt, schafkopfen kann. Seine Frau Binerl (Renate Schönberger) und Sohn Hans (Simon Mauerer) dagegen sind willige Opfer der Propaganda; Hans wird SA-Mann. Dem Bockerer sind Ariernachweise oder die Nürnberger Gesetze egal, er ist mit Nürnberger Bratwürsten und Nürnberger Lebkuchen zufrieden.
Als Dr. Rosenblatt aber die Kartenrunde verlässt um nach Amerika zu gehen, bekommt seine Welt Risse; auch von seinem Freund Hermann (Wolfgang Unger), einem Kommunisten, will er sich nicht fernhalten. Es bleibt nicht aus, dass es zum Konflikt zwischen Vater und Sohn kommt. Der Bockerer wird vor den Gestapo-Beamten Dr. von Lamm geführt (Karlheinz Budnik), kann dessen Akteneinträge und Beanstandungen aber mit Witz und Naivität kontern: Mit einem lädierten rechten Arm kann man schließlich keinen Hitlergruß ausführen und mit links – das wäre doch unwürdig.
Durch Annerl (Lena Schulze), die Witwe von Hermann, erfährt Karl Bockerer, dass sein Freund umgebracht wurde. Sohn Hans, den er mittlerweile aus dem Haus geworfen hat, muss an die Front nach Stalingrad. Freund Hatzinger gelingt es, Vater und Sohn beim letzten Abend in der Heimat vor dem Café Tosca zusammenzubringen, so dass es doch noch zu einem versöhnlichen Abschied kommt. Es geschieht, was geschehen musste: Hans fällt an der Front – und seine Mutter Binerl ist von einer Hitler-Anhängerin zur erbitterten Gegnerin geworden.
Zwischen den einzelnen Bühnenbildern laufen Original-Sequenzen aus der „Wochenschau“, die ein mehr als beklemmendes Gefühl hinterlassen. Zwischen den Szenen sorgen zwei musikalische Einlagen für nachhaltigen Eindruck und Gänsehaut: begleitet am Klavier von German Beer singt Monika Burkhard „Lili Marleen“, das klassische Soldatenlied, und den Anti-Kriegssong „Sag mir, wo die Blumen sind“.
Durch das Stück ziehen sich auch immer wieder originelle Regie-Einfälle, zum Beispiel wenn drei Fremde aus der Stadt (Thomas Weiß, Daniel Kühnl und Marco Görl) den Zoiglstern mit einem Judenstern gleichsetzen und eine Rauferei herbei beschwören; oder wenn bei der Vernehmung im Gestapo-Zimmer der Beamte mühsam auf seinen zu hohen Stuhl klettern und höchst unwürdig mit den Füßen baumeln muss. Auch die Hakenkreuz-Fahne, die aufgehängt werden muss, aber zu lang ist, gibt dem Bockerer Gelegenheit, sich indirekt über die Anordnung lustig zu machen.
Ein Höhepunkt ist der Auftritt von Ludwig Müller. Er kommt während eines entspannenden Fußbades zum Bockerer und dieser ist der Überzeugung, den Führer höchstpersönlich vor sich zu haben. Müller spielt Hitler mit allen Facetten und mit vollem körperlichen Einsatz: Mimik, theatralische Gestik, Diktion und Pathos; entlarvend, erschreckend, zum Lachen, das einem dann auch wieder im Hals stecken bleibt. Letztendlich handelt es sich aber dann um Adolf Selchgruber, einen Irren, der sich als Führer fühlt und von der Wärterin (Ramona Schricker) und Polizeiinspektor Guritsch (Markus Hampl) wieder eingefangen wird.Beeindruckend und hervorragend besetzt auch Andreas Kurz in der Rolle des SS-Mannes Gstettner: eiskalt, aalglatt und zackig.
Lob auch für die weiteren Rollen: Matthias Schönberger als Zoiglwirt Wastl, Brigitte Flieger als Mizzi – die Geliebte von Hans, Kerstin Schandri, die als Frau Galleitner spontan zwei Tage vor der Premiere einspringen musste, sowie Michael Sittl und Lukas Rupprecht als Soldaten und Monchito Vilas als Filmvorführer.
Die restlichen Aufführungen sind restlos ausverkauft.
Laienspielschar sorgt für Schockmomente
Windischeschenbach. Selten sorgte ein Theaterstück der Laienspielschar Windischeschenbach für so viele unterschiedliche Emotionen und Reaktionen bei einem mehr als gefesselten Publikum.
Von Peter Gattaut
„Der Bockerer“ oder „“D´Schellnsau sticht“ von Ulrich Becher und Peter Preses ist keineswegs nur lustiges Heimattheater, wie man es zum Beispiel vom „Chiemgauer Volkstheater“ oder „Peter Steiners Theaterstadl“ kennt. Das Stück ist eine tragische Posse zum Lachen, Nachdenken und Weinen aus einer Zeit, wo das Hakenkreuz Einzug hielt und die Propaganda und Volksverhetzung eine neue Dimension bekam.
Mit Gesangseinlagen (Monika Burkhard sang mit Klavierbegleitung von German Beer) von „Lilli Marleen“, „Sag mir, wo die Blumen sind“ und Film-Einspielungen während des Umbaus der verschiedenen Bühnenbilder wurden die Zuschauer mit Original-Dokumentationen aus der damaligen Wochenschau konfrontiert, um sie für die weiteren Schauplätze des Spieles zu sensibilisieren. Metzgermeister Karl Bockerer (Hannes Rupprecht), der mit Adolf Hitler nur das Geburtsdatum und sonst auch gar nichts gemeinsam hat, muss auf tragische Weise erleben, wie der Nationalsozialismus systematisch sein Umfeld, seine Familie und letztendlich auch sein Leben zerstört, obwohl er sich eigentlich nie von dieser Bewegung hat anstecken lassen und immer bodenständig an seine persönlichen Werte festhielt.
War es zu Beginn der Humor, der das Stück und den Metzgermeister bestimmte, war später kein Anflug von Fröhlichkeit mehr zu spüren. Spätestens als Bockerer vom Tod seines Freund „Herrmann“, dem Eisenbahner (gespielt von Wolfgang Unger) erfuhr, noch dazu, dass sein Sohn, der eine SA-Karriere einschlug, am Mord beteiligt ist, herrschte im Saal erdrückende Wut und Unverständnis. Totenstille erfüllte den Raum.
Die beiden Regisseure Hannes Ruprecht und Christian Mayerhöfer, der auch für die Bühnenbilder verantwortlich war, inszenierte das Stück glänzend. Die Schauspieler wurden ihrer Rollen mehr als gerecht. Zweifelsohne gebührt auch Gerlinde Schedl und Beate Stock großes Lob, die für die beeindruckenden Nazi-Kostüme sorgten, die für viele sogar schockierend wirkten. Die Laienspielschar Windischeschenbach spielte das heikle Thema mit Bravour, mit nötigem Respekt und viel Engagement – für alle Besucher bleibt es ein unvergessliches Theaterstück zum Nachdenken.