Presse 2014

Mordskerl mischt die Wirtsstub’n auf

Wie eine ganz normale Bauernkomödie einer engagierten Laienbühne beginnt „Ein Mordskerl“. Hannes Rupprecht hat das Drama „The Playboy of the Western World“ des Iren John Millington Synge in die Oberpfalz verlegt.

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Die „Wirts-Liesl“ Brigitte Flieger (links) ringt mit der „Weber-Kathl“ Kerstin Windschiegl (rechts) um die Gunst des ach so hübschen Christoph (Johannes Vollath), der seinem Vater den Schädel gespalten haben will und wegen dieser Tat für beide Frauen zum begehrenswerten Held wurde. Bild: ui

Christoph (Johannes Vollath) bringt Leben ins Gasthaus des versoffenen „Wirts-Michl“ (Gerald Wildgans). Seine Tochter, die „Wirts-Liesl“ (Brigitte Flieger), umschwärmt den hübschen Kerl. Elf Tage war der Bauernsohn auf der Flucht durch die böhmischen Wälder, bis er im bayerischen Wirtshaus zunächst zögernd seine Geschichte zum Besten gibt. Mit der wird der Vatermörder zum Held, dem auch die männerjagende Witwe „Weber-Kathl“ (Kerstin Windschiegl) nachstellt.

Verlottert und verklemmt

Drei verlotterte Männer sitzen im Wirtshaus, dazu eine hübsche Tochter und ein verklemmter Bräutigam, der sich die Angebetete um einen Ochsen vom Bauern gekauft zu haben glaubt – bis der attraktive Nebenbuhler auftaucht.

In den Dialogen der Akteure der Laienspielschar Windischeschenbach blitzen der Rupprechtsche Witz, seine Wortspielereien, die Einsprengsel fast vergessener Worte und Ausdrücke sowie unzählige biblische Anklänge durch. Nicht nur die Besetzung ist gelungen, auch die Bühne der Schafferhof-Tenne vermittelt Authentizität.

Dazu gesellen sich eine Regie und Spielfreude, die jede Szene zum detailgetreuen Gesamtkunstwerk werden lassen. Akribisch ausgefüllt sind nicht nur die Hauptakteure, die gerade im Mittelpunkt stehen, sondern auch die Kostüme, Gesten und Aktionen am Rand. Stark ist der Schwung, den die drei pubertierenden Dorfmädchen Betty (Theresa Schönberger), Sarah (Daniela Zetzl) und Luci (Lena Schulze) mit ihren Gefühlsausbrüchen bringen. Ansteckend das meckernde Lachen vom „Goaßboack-Peter“ (Ludwig Müller).

Josef Prucker als „Mesner-Sepp“ hätte sich beim Lernen des Textes zurückhalten können. Zögerlich, scheu, fromm und für die ihm versprochene agile Wirtsliels langweilig und devot stochert er herum, füllt durch verklemmte Verstocktheit seine Rolle hervorragend aus.

Für den lautesten Zwischenlacher sorgt Rathauschef Karlheinz Budnik, der als „Jager-Kare“ darüber sinniert, dass wegen der Angeberei noch niemand aufgehängt worden sei. „Sonst hätte jeder Bürgermeister schon einen Strick um den Hals.“

Zwar spannt die Witwe „Weber-Kathl“ Intrigen, wie es der Zuschauer aus den klassischen Dreiaktern gewohnt ist, doch wenn der Wirt seine Tochter problemlos unter die Aufsicht des bekennenden Vatermördes Christoph stellt, weil der ja ein Held sei, verdreht sich die Wahrnehmung. Und das bleibt bis zum Schluss so.

Zuletzt entlarvt

Die Wendung in der Erzählung kommt mit Ruprecht, der zwar mit blutender Kopfwunde, aber ansonsten quietschfidel ins Wirtshaus tritt. Wenn der Vater lebt, ist der Sohn kein Mörder, seine Geschichte reine Angeberei. Für einen Held zum Schwärmen taugt so jemand nicht mehr. Umso weniger, als der Zweitmord direkt vor der Haustür geschieht. Ein fantastischer Held, der direkt vor der eigenen Welt tötet? Das geht für die Dorfbewohner nicht. Das geht für sie sogar noch weniger, als dass Christoph als Angeber entlarvt ist.

Der Schlussapplaus ist homogen wie die Leistung der gesamten Laienspielschar unter der Regie von Rupprecht mit Assistenz von Renate Prucker und Gudrun Budnik. Bis in die Nebenrollen komplettiert jeder Akteur seine Aufgabe, gestaltet einen unterhaltsamen, mitunter überraschenden, agilen und doch auch nachdenklich stimmenden Theaterabend.

  • 03.11.2014
  • Windischeschenbach
  • Uwe Ibl

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