Presse 2013

Die Fabel als Spiegelbild menschlicher Bosheit

Hannes Rupprecht verlegt die uralte Geschichte vom Bösewicht Reineke Fuchs ins Waldnaabtal und nach Neuhaus

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Die kreativ kostümierte Schauspieltruppe um Hauptdarsteller Hannes Rupprecht (vorne, Mitte) präsentierte sich spielfreudig, professionell und vor allem unverfälscht oberpfälzisch. Bild: hfz

Die Geschichte beginnt mit einem bizarren Mord und endet mit einem ganz gewöhnlichen. Täter ist der berühmt-berüchtigte Reineke Fuchs, der diesmal sein Unwesen im Waldnaabtal treibt. Hannes Rupprecht, der die Laienspielschar Neuhaus seit Jahren zu immer neuen Erfolgen führt, vor allem Hauptdarsteller sein ganz besonderes Publikum hat, ist diesmal nicht nur Darsteller der Hauptfigur, sondern auch Autor des Stückes „Reineke Fuchs – der alte Lump vom Waldnaabtal“, das am Freitagabend im Burghof von Neuhaus vor einem begeisterten Publikum Premiere hatte.

Tradition bereichert

Rupprecht vervollständigt die Jahrhunderte alte Tradition dieser Geschichte, die schon immer als Spiegelbild gesellschaftlicher und politischer Missstände gegolten hat, um eine eigenwillige Variante. Herausgekommen ist eine Satire, die mit allem abrechnet, was den Menschen das Leben schwer macht. Im Visier hat Rupprecht – auch hier der langen Überlieferung folgend – den Konflikt zwischen Herrschenden und Untertanen und greift die frühmittelalterliche französische Tradition des aufmüpfigen Adeligen Renart auf, der dann als Reinhardt und schließlich als Reineke auch in Deutschland ein breites Publikum gewann.

Der erste deutsche Druck stammt aus dem Jahr 1494 (Lübeck). Der Stoff wird immer wieder auch von berühmten Dichtern wie Gottsched, Hoffmann von Fallersleben und schließlich Goethe aufgegriffen wird.

Deftig mit böser Satire

Die Figur des Reineke, der mit dreisten Lügengeschichten und unfassbaren Bosheiten seinen Kopf immer wieder aus der Schlinge zieht, um am Ende als Sieger dazustehen, ist in der Ausgestaltung durch Hannes Rupprecht nicht nur mit teilweise böser Satire gespickt, sondern präsentiert sich auch sehr deftig. Nicht nur Geld spielt die große Rolle in Form eines nicht vorhandenen Schatzes, sondern überhaupt Eitelkeit und natürlich ungehemmte sexuelle Begehrlichkeit.

Die Übertragung ins Tierreich hat schon immer die Vermittlung von eigentlichen Tabuthemen erleichtert, dabei menschliche Unarten einem rein vegetativen Instinktbereich zugeordnet, der sich eben besonders gut mit der Tierwelt darstellen lässt. Moral spielt bei alldem keine Rolle. Das alte Spiel vom Fressen und Gefressenwerden wird jedoch mit dem strengen Maßstab des Strafrechts gemessen, sobald den tierischen Figuren menschliche Eigenschaften zugeordnet werden.

Mit dem Inhalt des Stückes sind die Zuschauer bald vertraut: Reineke Fuchs, Graf von und zu Schwarzenschwall, ein in die Jahre gekommener Playboy und Gauner, muss sich vor dem großen Hirschen von Hirschenreuth und dessen Gemahlin Brunfthilde verantworten. Er soll beim Schmetterlingsball der Tochter des Raben Kolk, dem „Schwarzen Federlein“ beim Küssen den Kopf abgebissen haben.

Auf das Konto des Bösewichts geht vermutlich auch das Verschwinden des Herrn Lampe, des königlichen Hauselektrikers. Zumindest wurde beobachtet, wie Lampe, auch Mümmelhans genannt, mit den Kindern des Fuchses fröhliche Lieder sang, woraufhin die Füchsin ihren Nachwuchs darauf hinwies, dass man mit dem Essen nicht spielt. Schon im Visier des gräflichen Schurken die hübsche, aber dumme Schnattergans, die im letzten Moment durch die Wildsau-Kompanie, die den Fuchs verhaften soll, gerettet wird – vorläufig.

Gier schluckt Anklage

Reineke redet sich nun vor Gericht heraus, verlegt sich, als er dann doch zum Tod durch Erhängen verurteilt wird, aufs Bitten und auf Schmeicheleien, die das Herz der Fürstin erweichen. Als er dann von einem gestohlenen Schatz erzählt, den er den Räubern entwendet und dann versteckt hat, ist bald von der Anklage nichts mehr übrig.

Natürlich haben die Figuren des Stücks Bezug in die Politik. Und jeder begreift gleich, welche Rolle die Wildsau-Kompanie spielt: Sie ist nicht mehr als Kanonenfutter für den herrschenden Fürsten, der sich ausschließlich mit Wiederkäuen und brünftiger Gattin beschäftigt. Immerhin ist er um Gerechtigkeit bemüht, die Aussicht auf den Schatz korrumpiert aber auch ihn. Es wundert auch nicht, dass der Dachs Grimbart, Anwalt des Fuchses und dessen Vetter, sein Geld beim Zocken an der Börse verloren hat.

Es sind eben die zahlreichen Anspielungen, die dieses Stück so amüsant machen. Das war aber schon immer so: Und gerade die Geißelung gesellschaftlicher Miseren via Fabel hat den Stoff so beliebt gemacht. In Neuhaus kommt noch etwas dazu: Die Anbindung der Geschichte an die eigene Heimat und nicht zuletzt die fantasievolle, geschickte Spielführung des begabten jungen Regisseurs Markus Rupprecht, der einmal mehr alle Register gezogen hat, die diese Fabel zu bieten hat.

Der lange Beifall des Premierenpublikums galt einer Schauspieltruppe, die sich vom Hauptdarsteller bis zum Komparsen spielfreudig, professionell und vor allem unverfälscht oberpfälzisch präsentierte. Diese erste komplette Eigenproduktion der Laienspielschar nahmen die Leute begeistert auf und feierten die rundum gelungene Premiere mit denDarstellern auf dem nahen Schafferhof.

Quelle: „Der Neue Tag“ Von Rudolf Barrois am 17.06.2013

Veteran auf der „kleinen Luisenburg“

Hannes Rupprecht von der Laienspielschar Windischeschenbach über das neue Stück „Reineke Fuchs“

Hannes Rupprecht weiß, wie man dicke Bretter bohrt. Und wie man sie kleinkriegt, das weiß er auch – schließlich gehört ihm ein Sägewerk im Windischeschenbacher Stadtteil Oberbaumühle. Aber der 61-Jährige weiß auch, wie man die Bretter beherrscht, die der Redewendung nach die Welt bedeuten: Seit fast 40 Jahren steht der leidenschaftliche Schauspieler auf der Bühne, seit mehr als 30 Jahren mit der Laienspielschar Windischeschenbach. Zu seinen Markenzeichen gehört die lange, mittlerweile in Ehren ergraute Haarpracht, der Schnauzbart – und das schelmische Funkeln in den Augen.

Für „Reineke Fuchs“, die neueste Produktion der Laienspielschar, hat Hannes Rupprecht sich die gleichnamige Fabel vorgenommen, sie für Erwachsene adaptiert und in die Oberpfalz versetzt. Premiere des Stücks ist am 14. Juni – und Rupprecht spielt die Hauptrolle.

Können Sie sich noch an das erste Theaterstück erinnern, in dem Sie jemals auf der Bühne standen? 

Hannes Rupprecht: Das erste Mal stand ich 1974 im Pfarrheim St. Emmeram Windischeschenbach zusammen mit dem Gründer und heutigen Vorstand der Laienspielschar, Bertwin Fleck, bei einem sogenannten Bauerntheater auf der Bühne. Das Stück hieß „Das Heiratsgenie“, und ich hatte einen verschlafenen Junggesellen darzustellen, was beim Publikum große Heiterkeit auslöste.

Grob geschätzt: In wie vielen Stücken haben Sie seither gespielt? Und haben Sie auch mal Regie geführt?

Rupprecht: Seither habe ich bei circa 30 Theaterstücken mitgespielt – im Pfarrheim, auf der Burg Neuhaus, im Schafferhof und bei einigen auswärtigen Gastspielen. Bisher habe ich aber nur einmal Regie geführt, und zwar letztes Jahr bei unserem Theaterabend im November im Pfarrheim.

Gibt es Rollen, die für Sie herausragend waren und die Sie gerne mal wieder spielen würden?

Rupprecht: Es gibt viele Rollen, die ich nicht missen möchte. Hervorzuheben wäre der Puntila in „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ von Bertolt Brecht, Regie Markus Rupprecht, und der Paulimann in „Magdalena“ von Ludwig Thoma unter der Regie von Christian Höllerer. Aber auch der Stoaklopfer Hanns in Anzengrubers „Kreuzelschreiber“, der Schnauz in der „Feuerzangenbowle“ und der Bayrische Hiasl gehören dazu.

Worin liegt der Reiz, in Neuhaus Theater zu spielen? Immerhin hat die Örtlichkeit ja auch ihre Beschränkungen …

Rupprecht: Auf der Naturbühne bei der Burg Neuhaus haben wir zusammen mit dem Schafferhof eine großartige Kulisse. Sie wird nicht umsonst die „kleine Luisenburg“ genannt. Sicher ist es ärgerlich, wenn gelegentlich eine Aufführung wegen Regenwetter verschoben werden muss. Wir haben damit zu leben gelernt und holen sie gerne für unser Publikum nach.

Was, denken Sie, erwartet das einheimische Publikum von der Laienspielschar und von Ihnen?

Rupprecht: Ich denke, das Publikum darf erwarten, dass wir die Qualität der vergangenen Jahre fortsetzen und eine interessante, kurzweilige Geschichte erzählen. „Reineke Fuchs“ ist sicher kein sogenannter Schenkelklopfer, aber durchaus eine humorvolle und hintersinnige Erzählung, bei der vor allem Fürst Eberzahn und seine Wildsaukompanie für herzhafte Lacher sorgen werden. Von mir erwartet das Publikum, dass ich zusammen mit meinen Mitstreitern, auf die ich sehr stolz bin, für einen entspannten Theaterabend sorge. Und den kann ich ihnen auch versprechen.

Zum aktuellen Stück: Wie sind Sie auf das Thema „Reineke Fuchs“ gestoßen? Über Goethe?

Rupprecht: Reineke Fuchs ist mir zum ersten mal als Kindergeschichte im großen „Janosch-Buch“ über den Weg gelaufen, und ich habe mich gleich in die Figur verliebt. Ausschlaggebend für die Entstehung meiner Geschichte war aber dann eine Bilderreihe des von mir sehr verehrten Amberger Künstlers Michael Matthias Prechtl, und zwar aus dem Buch „Prechtls Welttheater“ von Kai Artinger. Sicher kenne ich auch das Werk von Goethe. Es hat aber nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

Was macht den Reiz des Stoffes für Sie aus?

Rupprecht: In „Reineke Fuchs“ nehmen Tiere die Gestalt von Menschen an, beziehungsweise: Es entwickeln Menschen die Eigenschaften von Tieren. Der Fuchs ist ein ausgefuchster Graf, der Hirsch nicht nur der König des Waldnaabtals, sondern eben auch ein „Hirsch“, und der Dachs ist ein verkrachter Advokat und Börsenmakler.

Wie viel Aufwand war es, das Stück für Ihre Anforderungen umzuarbeiten?

Rupprecht: Das Stück entstand an zahlreichen Sommerabenden bei mir auf der Oberbaumühle an einer verschwiegenen Stelle der Fichtelnaab, bei einem Glas Weizen und gelegentlich einer guten Zigarre. Da mir diese Prozedur sehr viel Vergnügen bereitet hat, kann von Aufwand nicht die Rede sein.

Ihr Sohn Markus übernimmt einmal mehr die Regie. Hat der Vater manchmal Lust, dem Sohn Ratschläge zu geben, oder halten Sie sich da zurück?

Rupprecht: Mein Sohn Markus und ich arbeiten ja nicht das erste Mal zusammen. Da Markus schon seit 2007 bei unserer Laienspielschar erfolgreich Regie führt, kann ich mich auf ihn verlassen und brauche nicht mit guten Ratschlägen zu nerven.

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„Reineke Fuchs“:Premiere am Freitag, 14. Juni, um 20:30 Uhr. Weitere Aufführungen am 16., 21. und 23. Juni auf der Naturbühne Burg Neuhaus, Windischeschenbach.

Quelle: „Der Neue Tag“ Von Frank Stüdemann am 04.06.2013
 
 
 

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