Presse 2011

Anastasia Poscharsky-Ziegler schreibt zum Clou

Spannend, witzig, filmreif:  die Laienspielschar
Windischeschenbach

und „Der Clou“  

Neuhaus. (apz) Da gibt es Amateurbühnen,die wollen die
halbe Welt erobern, denen ist kein Lob genug, die sind vor lauter höher, mehr
und weiter mit keiner noch so guten Zuschauerresonanz zufrieden, und merken
nicht, dass sie mit diesem übertriebenen Provinzehrgeiz schön in einer bösen
Falle stecken…

Und da gibt es Bühnen, die stehen schon im Namen klar und deutlich dazu,
dass sie Laien, schauspielbegeisterte Laien sind. Sie haben kein Problem damit,
agieren mit Leidenschaft und Herzblut, spielen aus Spaß und Begeisterung einige
Vorführungen, sind selbständig und unabhängig. Sie holen den Zuschauer bei
seinen Träumen ab. Applaus und Zufriedenheit sind ihr Lohn.

Genau auf dieser Schiene bewegt sich die Laienspielschar Windischeschenbach,
die im letzten Sommer mit der „Feuerzangenbowle“ einen Riesenerfolg
landete. Dieser Markstein war allerdings auch eine Hypothek für die Zukunft.
Würde das Stück der Freitheatersaison 2011 am Butterfassturm mit diesem
beliebten Vorgänger mithalten können? Berherzt entschied man sich die Truppe
von Bertwin Fleck für einen legendären Hollywoodfilm, der mit 7 Oscars
ausgezeichnet wurde …

Am Freitag abend feierte die Bühnenadaption von  „Der Clou“
(1973) mit leichten Mädchen und schweren Jungs bei stabilem
Sommerwetter vor der herrlichen Kulisse der Burg Neuhaus und 400 Gästen
Premiere. Da die Generalprobe zwei Abende zuvor wegen Regens entfallen musste,
gab es leichte Textunsicherheiten zu bemerken, die dem hohen Unterhaltungswert
jedoch nichts anhaben konnten.

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Der milde Sommerabend in Neuhaus 2011 wurde überzeugend in eine heiße Nacht
im krisengeschüttelten Chicago 1936 verwandelt. Vom Kostüm über
„Verbrechervisagen“ (pardon!) bis zur Bühnenausstattung passte hier
alles mit den zweifarbigen Dandyschuhen und Knickerbockerhosen, den
Schiebermützen, hin zu Netzstrümpfen und Federboas.

Und sind die Vollprofis der Luisenburg Wunsiedel vor Jahren mit den
Filmadaptionen Pavel Fiebers (wie „Schlafes Bruder“) so drastisch
gescheitert, dass die Zuschauer zu Tausenden ausblieben, haben sich die
Windischeschenbacher drei Dinge einfallen lassen, die den großen Spalt zwischen
Bühne und Leinwand entscheidend kleiner werden lassen: eine Drehbühne, moderierende
Erzähler, und Musik. Das ist der Clou! Durch diese Elemente kommen
Geschwindigkeit und Fluss in die Sache – und in die filmartige Fülle von 20
Szenen! Die Rag Time Band tut mit dem entspannten Gentleman-Schlendrian des
„Entertainer“ von Scott Joplin und Nino Rotas Musikzitaten aus dem
Mafiadrama „Der Pate“ ihr übriges.

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In blendend weißen Anzügen, mit schwarzer Melone auf dem Kopf und roten
Einstecknelken machen Vater und Sohn, Ludwig und Moritz Müller, nicht nur
optisch gute Figuren: Mit Witz und kleinen Überraschungen tragen sie den ganzen
Abend, erklären den „Clou“ mit dem zwei Spielbetrüger den Mord ihres
Freundes Luther durch den brutalen Mafiaboss Doyle Lonnegan („Mister
Raustimme“ Gerald Wildgans) an diesem rächen.

In die legendären Filmrollen von Robert Redford und Paul Newman sind
hier selbstbewusst der jungenhafte Johannes Zange (alias Johnny Hooker) und der
markante Hannes Rupprecht als Meisterspieler Henry Gondorff zu sehen. Nicht mit
falscher Eitelkeit, sondern mit Humor nähern sich beide ihren Filmgiganten und
geben der Geschichte so eine eigene Prägung. Mit Witz, Humor, Schlagfertigkeit
und Augenzwinkern wird die Story mit Happy End zu einem kurzweiligen
Unterhaltungsabend. Und genoss Hannes Rupprecht letztes Jahr als schrulliger
Lehrer „Schnauz“ nur einen „wenzigen Schlock“
Heidelbeerwein zu sich nehmen, so durfte er heuer ungeniert zur Whiskeyflasche
greifen.

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Eine bunte Entourage aus ansehnlichen Variététänzerinnen, Henrys Freundin
Billie (sehr attraktiv: Karin Prucker) und muffligen Bodyguards (Patrick
Varnhold und Thomas Weiß) bildet den Rahmen für die Schlacht der drei Gauner,
die sich erst den Pokertisch, dann die (getürkte) Pferderennbahn als Kampfplatz
ausgesucht haben. Die sachlichen Kurzkommentare der beiden Erzähler helfen dem
seriösen, des Pokerns selbstverständlich unkundigen Oberpfälzer Publikum, den
Fortgang der Dramatik und Kartenschummeleien zu verstehen.

Neben den markanten Typen der Laienspielschar, die gut ausgewählt und bis in
die Nebenrollen passend besetzt sind (wie der undurchsichtige Zugschaffner
„Mister Clemens“ durch das „Pokergesicht“ Martin Ha Minh,
oder der Gangster „Carlo Gelati“ durch den örtlichen
Eisdielenbesitzer und Tirschenreuther Passionsapostel  Dominik Neitz) ist
es die gekonnte Regie, die auf unkonventionelle Lösungen und eine Portion
Wagemut setzt. Mit einem lockeren „wird schon schiefgehen!“ hat der
22-jährige Markus Rupprecht auch dieser Inszenierung wieder seinen Stempel
aufgedrückt. Er erstellt das Script mit dem Blick für das Wesentliche, gängelt
seine Darsteller nicht, nimmt ihnen so nicht die Lust am Spiel – und dem
Zuschauer nicht den Spaß an einem lustigen Theatersommerabend!

Es folgen noch drei Aufführungen von „Der Clou“: am
Mittwoch 20. Juli, Samstag 23. Juli  (nur noch Restkarten) und Sonntag,
24. Juli. Bitte gut auf die Geldbörsen achten, Taschendiebe und Gesindel werden
vom „Clou“ magisch angezogen. Das Stück dauert zwei Stunden,
inklusive langer Pause.

Der Vorstand nimmt gern unauffällig Bestechungsgelder entgegen…

Vor den Vorstellungen kann mit einem Ticket kostenlos das Museum in
der Burg Neuhaus besichtigt und der Butterfassturm bestiegen werden, der eine
schöne Aussicht auf die Umgebung im Abendlicht bietet. Nach den Darbietungen
kann mit den Schauspielern gemeinsam im Schafferhof eine Zoiglbrotzeit
einnehmen. 

Helmut Kunz über den Clou

Rudolf Barrois

 

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