Nachkriegsdrama mit Wirtshaus-flair

Derbe Witze, Perchten und viel Schnaps – das sind drei wichtige Zutaten des aktuellen Schauspiels der Windischeschenbacher Laienspielschar. „Die Überführung“ feierte am Freitag Premiere auf der Burg Neuhaus. Und die Moral von der Geschicht‘: Das Leben ist wie ein Wirtshaus.

Die beiden Freunde Martl (Hannes Rupprecht, links) und Sebastian (Karlheinz Budnik) holen sich Rat bei der Gesundbeterin (Theresa Hunziker). Was sie gegen ein Magenleiden empfiehlt: eine Wallfahrt und ein Stelldichein mit einer Jungfrau.

Bild: Lowak

von Maria Oberleitner

„Die Überführung“ ist die tragische Geschichte zweier außergewöhnlicher Freunde – der eine (Bauer Martl: Hannes Rupprecht) hat seinen Arm bei der Schlacht um Verdun im Wald von Avocourt verloren. Der andere, der Bräu von Deining (Karlheinz Budnik), hat seitdem nur noch ein Auge und mit einem Trauma und Angst vor Tod und Teufel zu kämpfen.

Noch in Verdun schwören sie sich: Wenn sie aus dieser Hölle heil herauskommen, wollen sie einmal im Jahr nach Altötting wallfahren und nie wieder arbeiten. Dass die beiden die alljährliche Wallfahrt eher zum Saufen und Fremdgehen als zum Beten nutzen, das ist wohlbekannt und keine Ausnahme im Kirchenjahr – sogar der Herr Hochwürden (sehr heilig: Andreas Kurz) geht schon mal in seiner Predigt darauf ein, wenn er die beiden Suffköpfe von der Kanzel aus erblickt. Weder Martls Magenleiden („Amen – mir ist schlecht“) noch das Trauma (grandios: Perchten und Soldaten) seines „Freundes von Jugend an“ lassen sich in Alkohol ertränken. Aber einen Versuch ist es den beiden allemal wert. Über die Frage, ob ein und derselbe Saufwitz nicht irgendwann ausgelacht ist, lässt sich streiten. Das Premierenpublikum am Freitagabend jedenfalls wurde darüber nicht müde – ganz im Gegenteil.

Dass Martl nach einer Operation in Altötting stirbt, ist nicht nur für seine Familie und Freunde ein echter Tiefschlag – auch das Stück verliert hier einiges an Fahrt. Trotzdem überzeugt Karlheinz Budnik in der Rolle des Schexbräu weiterhin mit Bühnenpräsenz – nun mit der Unterstützung von Martls Sohn Seppi (Nachwuchstalent Jakob Haberkorn). Dass die beiden es trotzdem nicht schaffen, den Sarg rechtzeitig zur Beerdigung nach Hause zu bringen, muss wohl am Alkohol liegen . . .

Per drehbarer Bühne lässt sich der Burghof wahlweise um Schnapsstube, Arztzimmer, Klosterhalle oder Musikanten-Eck erweitern. Musiziert – und auch ein wenig mitimprovisiert und vor allem: mitgetrunken – wird übrigens von einer Belegschaft der Neuhauser Boum. In der Version der Windischeschenbacher Laienspielschar (Bearbeitung: Hannes Rupprecht; Regie: Hannes Rupprecht und Christian Mayerhöfer) ist die Tragödie von Hannes Lohmeier zwar immer noch deutlich als solche zu erkennen, aber doch eingefärbt von derben Sprüchen, schwarzem Humor, skurrilen Momenten und Querverweisen. Fast Slapstick-Qualität haben die ewigen Klagen des Bauern Martl. Seine grandios-trockene Mimik versteckt er leider viel zu oft hinter seiner Hutkrempe. ___Weitere Vorstellungen: 28., 29. und 30. Juni jeweils 20 Uhr auf der Burg Neuhaus in Windischeschenbach. Karten beim NT/AZ/SRZ-Ticketservice unter Telefon: 0961/85-550, 09621/306-230 oder 09661/8729-0 oder im Internet unter www.nt-ticket.de

Den Schexbräu packt die Angst vor dem Tod – da kann ihm auch Martls Sohn Seppi (links, Jakob Haberkorn) nicht mehr helfen.

Bild: Lowak

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